Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine Sammelbezeichnung für Beschwerden im Verdauungstrakt, die keine organische Ursache haben. Es gehört zu den sogenannten „funktionellen Verdauungsstörungen“. Das bedeutet, dass die Probleme durch eine gestörte Funktion des Verdauungssystems entstehen, nicht durch Schäden oder Entzündungen an den Organen. Für die formale medizinische Diagnose gelten die sogenannten Rom-IV-Kriterien.
Wichtige Punkte:
1. Keine organische Ursache: Untersuchungen wie Bluttests oder Endoskopien zeigen keine sichtbaren Schäden an den Organen.
2. Gestörte Funktion: Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen entstehen durch Funktionsprobleme, z. B. eine gestörte Beweglichkeit des Darms oder eine erhöhte Empfindlichkeit.
Beispiele für funktionelle Verdauungsstörungen:
• Reizdarmsyndrom (RDS): Chronische Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen ohne nachweisbare Ursache.
• Funktionelle Dyspepsie: Beschwerden im Oberbauch, z. B. Völlegefühl oder Übelkeit nach dem Essen.
Früher wurden solche Beschwerden oft auf psychische Probleme zurückgeführt. Heute weiß man, dass es sich um komplexe Funktionsstörungen handelt. Mit diesem Wissen können Betroffene besser informiert und unterstützt werden.
Bevor man eine funktionelle Verdauungsstörung diagnostiziert, müssen zunächst mögliche organische Ursachen ausgeschlossen werden. Dafür führen Ihre Ärztinnen und Ärzte verschiedene Untersuchungen durch. Die wichtigsten Erkrankungen und Diagnoseschritte sind:
1. Tumorerkrankungen
• Eine Magen- oder Darmspiegelung wird durchgeführt, um Tumore auszuschließen.
• Wichtig: Tests auf Blut im Stuhl sind Vorsorgeuntersuchungen und ersetzen keine gründliche Diagnostik. Ab 50 Jahren sollte immer eine Darmspiegelung in Betracht gezogen werden, auch als reine Vorsorgeuntersuchung ohne Beschwerden.
2. Entzündungen des Magen-Darm-Trakts
• Erste Hinweise können Stuhltests auf Calprotectin (Entzündungsmarker) und Helicobacter pylori (Magenbakterium) liefern.
• Bei Sodbrennen kann eine Magenspiegelung notwendig sein, und bei erhöhtem Calprotectin eine Darmspiegelung.
3. Bauchspeicheldrüsen-Unterfunktion
• Ein Stuhltest auf Pankreas-Elastase prüft, ob die Bauchspeicheldrüse richtig arbeitet.
4. Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)
• Bluttests auf bestimmte Antikörper (Transglutaminase IgG/IgA) und ein Test auf die Menge von IgA können Hinweise geben.
• Gewebeproben aus dem Dünndarm (bei einer Magenspiegelung) und ein Gentest können ebenfalls hilfreich sein.
5. Weitere Blutuntersuchungen
• Ein allgemeiner Check des Bluts, etwa auf Blutbild, Leber- und Nierenwerte, Blutzucker, CRP (Entzündungsmarker) sowie auf Ferritin (Eisenspeicher), Vitamin B12 und Albumin, kann weitere wichtige Informationen liefern.
Hinweise aus der Praxis:
• Die Analyse von Darmbakterien (sogenannte „Dysbiose-Diagnostik“) liefert nur eine Momentaufnahme, die stark schwanken kann. Diese Tests sind meist unspezifisch und bringen für die Diagnose oft keinen Mehrwert – hier können Sie sich unnötige Kosten sparen.
• Wissenschaftlich sind solche Tests aber interessant, da sie den Einfluss der Darmflora auf den Stoffwechsel und die Gesundheit untersuchen.
Die häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind Laktoseintoleranz (15–20 % der Deutschen, weltweit über 80 %) und Fruktosemalabsorption (20–30 % der Deutschen). Dabei kann Milchzucker (Laktose) oder Fruchtzucker (Fruktose) im Dünndarm nicht vollständig aufgenommen werden und gelangt in den Dickdarm. Dort führen Bakterien einen Gärungsprozess durch, was Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen auslösen kann. Diese Unverträglichkeiten sind genetisch bedingt, aber keine Krankheiten.
Unterschiede zu anderen Verdauungsproblemen:
• Bei Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit treten Beschwerden etwa 1-2 Stunden nach dem Essen auf.
• Bei SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung) können Beschwerden schon viel früher (teilweise bereits kurz nach dem Essen) auftreten und betreffen alle Arten von Kohlenhydraten.
Selbsttests können sehr einfach durchgeführt werden:
Laktoseintoleranz
• Trinken Sie morgens auf nüchternen Magen 1 Liter Milch und warten Sie 2 Stunden.
• Wenn Beschwerden wie Blähungen oder Durchfall auftreten, liegt wahrscheinlich eine Laktoseintoleranz vor.
• Tipp: Wählen Sie einen Tag ohne wichtige Termine, da die Symptome unangenehm sein können.
Fruktosemalabsorption
• An einem anderen Tag trinken Sie 0,7–1 Liter Multivitaminsaft, der keinen Trauben- oder Traubenzucker enthält (dieser mildert die Beschwerden).
• Treten ähnliche Symptome wie bei der Laktoseintoleranz auf, deutet dies auf eine Fruktosemalabsorption hin.
Häufigkeit bei Reizdarmsyndrom:
• Laktoseintoleranz: Etwa 20–40 % der Reizdarmpatienten haben zusätzlich eine Laktoseintoleranz. Sie ist selten die einzige Ursache.
• Fruktosemalabsorption: Bis zu 30–50 % der Reizdarmpatienten könnten ebenfalls betroffen sein.
Ärztliche Diagnostik:
Ein H2-Atemtest (Wasserstoff-Atemtest) beim Arzt liefert eine zuverlässige Diagnose. Damit kann man auch eine SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung) feststellen.
Hinweise aus der Praxis:
• Tests auf Lebensmittel-Antikörper im Blut sind nur bei seltenen Lebensmittelallergien sinnvoll. Diese sollten gezielt von einem Allergologen (zumeist Hautarzt) veranlasst werden.
• Nützliche Untersuchungen für Verdauungsprobleme werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Kosten für unnötige Tests lassen sich vermeiden.
Der Dünndarm ist dafür zuständig, Nährstoffe aus der Nahrung aufzunehmen. Die Nahrung bleibt nur etwa 60–90 Minuten im Dünndarm, wodurch der Verdauungsprozess sehr effizient ist. Dieses empfindliche System kann jedoch gestört werden, wenn Dickdarmbakterien in den Dünndarm gelangen. Dort nutzen sie die Nährstoffe, bevor der Körper sie aufnehmen kann. Diese Störung wird als SIBO (Small Intestinal Bacterial Overgrowth) oder Dünndarmfehlbesiedelung bezeichnet.
Symptome bei SIBO
Die Gärungsprozesse durch die Bakterien führen oft kurz nach dem Essen zu:
• Aufgeblähtem Bauch
• Völlegefühl
• Übelkeit
• Sodbrennen
Längerfristig kann es zu einem Nährstoffmangel kommen (z. B. bei Vitaminen und Eisen), was sich durch:
• Müdigkeit
• Schwäche
• Leistungsminderung bemerkbar macht.
Weitere Beschwerden:
• Durchfall oder Verstopfung
• In schweren Fällen auch Gewichtsverlust.
Sonderform: IMO (Intestinal Methanogen Overgrowth)
Bei IMO handelt es sich um eine Überwucherung durch methanbildende Bakterien (Archaebakterien). Die Symptome ähneln SIBO, jedoch mit einigen Unterschieden:
• Methan hemmt die Darmbewegung, was zu:
• Verstopfung
• schmerzhaften Krämpfen
• manchmal auch Gewichtszunahme führt.
Häufigkeit von SIBO/IMO
SIBO ist weiter verbreitet, als viele denken:
• 30–85 % der Reizdarmpatienten sind betroffen.
• 10–40 % der Fälle mit funktioneller Dyspepsie haben eine SIBO.
• Nach Magen-Darm-Operationen leiden 40–60 % unter SIBO.
• 15–30 % der Menschen über 60 Jahre sind betroffen.
• 30–50 % der Diabetiker können ebenfalls SIBO haben.
Diagnose
Eine eindeutige Diagnose erfordert einen Atemtest auf Wasserstoff und Methan. Da nur wenige spezialisierte Praxen diesen Test anbieten, gibt es Alternativen:
1. FoodMarble AIRE 2: Ein Heimtestgerät (229 EUR, App nur auf Englisch verfügbar), kein Medizinprodukt.
2. Einmal-Atemtests: Ab etwa 100 EUR von verschiedenen Anbietern.
Erste Orientierung
• Mit dem SIBO KOMPASS kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden, ob die Beschwerden auf eine SIBO hinweisen könnten. Wichtig: Das ist kein Diagnose-Tool, sondern eine Orientierungshilfe.
• Die endgültige Diagnose muss durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen.
Behandlungsansatz (s.u.):
• FODMAP-Diät: Diese spezielle Ernährungsweise reduziert schwer verdauliche Kohlenhydrate, die Bakterien als Nahrung nutzen.
• Probiotika: Ergänzend können speziell abgestimmte probiotische Präparate helfen, die Darmflora zu regulieren.
Das postinfektiöse Reizdarmsyndrom (PI-RDS) tritt auf, nachdem jemand eine akute Magen-Darm-Infektion durchgemacht hat. Obwohl die Infektion selbst abgeklungen ist, bleiben anhaltende Beschwerden im Magen-Darm-Bereich zurück. 10–30 % der Betroffenen entwickeln nach einer solchen Infektion ein PI-RDS.
Symptome
1. Beschwerden im Magen-Darm-Bereich:
• Bauchschmerzen oder Krämpfe, besonders nach dem Essen.
• Durchfall (dies ist meist die häufigste Form von PI-RDS).
• Verstopfung oder ein Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung.
• Blähungen und Völlegefühl.
2. Allgemeine Beschwerden:
• Müdigkeit und Erschöpfung.
• Ein allgemeines Gefühl von Unwohlsein.
• Psychische Symptome wie Angst oder Depressionen.
Verlauf und Prognose
• Viele Betroffene leiden unter den Beschwerden über Jahre hinweg, was den Leidensdruck stark erhöht.
• Leider verschwinden die Symptome nur bei etwa der Hälfte der Patienten innerhalb von 5 Jahren.
• Die genauen Ursachen des PI-RDS sind bisher unbekannt.
Diagnose
Die Diagnostik erfolgt ähnlich wie beim klassischen Reizdarmsyndrom:
• SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung) sollte ausgeschlossen werden, da die Symptome häufig ähnlich sind.
• Falls keine SIBO vorliegt und Probiotika nicht helfen, kann eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen werden.
Behandlung
Da es keine klare Ursache gibt, ist die Behandlung auf die Linderung der Beschwerden ausgerichtet. Hierzu können unterschiedliche Ansätze helfen, die individuell auf die Betroffenen abgestimmt werden müssen (s.u.).
Colon-Divertikel sind kleine Ausstülpungen der Darmwand, die häufig bei Menschen über 50 Jahren auftreten – etwa die Hälfte der Menschen in dieser Altersgruppe hat sie. Bei 20–25 % der Betroffenen verursachen diese Divertikel Symptome, die auf eine sogenannte SUDD (symptomatische unkomplizierte Divertikelerkrankung) hindeuten. Das bedeutet, dass etwa 10 % der Menschen über 50 an SUDD leiden.
Symptome der SUDD
1. Bauchschmerzen:
• Meist im linken Unterbauch, da Divertikel häufig im unteren Abschnitt des Dickdarms (Colon sigmoideum) vorkommen.
• Der Schmerz kann wiederkehrend (intermittierend) oder anhaltend sein.
2. Blähungen:
• Völlegefühl und übermäßige Gasbildung treten oft zusammen mit Schmerzen auf.
3. Veränderte Stuhlgewohnheiten:
• Häufig Verstopfung, seltener Durchfall.
4. Druck- und Schweregefühl im Bauch:
• Vor allem nach dem Essen oder bei längerer Sitzhaltung.
5. Symptome ähnlich dem Reizdarmsyndrom:
• Viele Betroffene haben Beschwerden, die denen des Reizdarmsyndroms ähneln, wie unklare Bauchschmerzen oder unregelmäßigen Stuhlgang.
6. Keine Entzündungszeichen:
• Im Gegensatz zur Divertikulitis (einer entzündlichen Erkrankung der Divertikel) gibt es bei SUDD:
• Kein Fieber.
• Keine erhöhten Entzündungswerte im Blut (wie CRP oder weiße Blutkörperchen).
Histaminintoleranz (HIT) ist eine Unverträglichkeit gegenüber Histamin, das in vielen Lebensmitteln vorkommt und vom Körper produziert wird. Diese entsteht meist durch ein Ungleichgewicht zwischen aufgenommenem/produziertem Histamin und der Fähigkeit, dieses durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) abzubauen.
Zusammenhang mit Verdauungsbeschwerden
Histamin beeinflusst direkt die Magen-Darm-Funktion, indem es:
1. Die Magensäureproduktion steigert, was zu Sodbrennen, Übelkeit oder Magenschmerzen führen kann.
2. Darmperistaltik anregt, was Blähungen, Durchfall oder Bauchkrämpfe auslösen kann.
3. Entzündungsprozesse fördert, was die Schleimhaut reizen und Beschwerden wie Reizdarm-ähnliche Symptome verstärken kann.
Patienten mit Histaminintoleranz berichten häufig über eine Verschlechterung ihrer Verdauungsbeschwerden nach dem Verzehr histaminreicher Lebensmittel (z. B. gereifter Käse, Wein, Fisch) oder histaminfreisetzender Substanzen (z. B. Alkohol, bestimmte Gewürze).
Statistische Relevanz
• Schätzungen zufolge sind 1–3% der Bevölkerung von HIT betroffen, wobei Frauen häufiger betroffen sind (ca. 80%).
• Verdauungsbeschwerden sind bei 50–70% der HIT-Patienten ein dominierendes Symptom.
Relevanz und Forschung
Obwohl die Prävalenz von HIT niedrig ist, wird ihr Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen hoch eingeschätzt. Besonders die unspezifische Symptomatik erschwert die Diagnose, weshalb die Dunkelziffer möglicherweise höher ist. Durch gezielte Diät können Betroffene jedoch oft eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden erreichen.
Diagnostik
Das Enzym DAO (Diaminoxidase) kann bei der HIT erniedrigt sein, ist aber kein zuverlässiger Parameter. Besteht der Verdacht auf eine HIT, müssen zunächst alle anderen Ursachen einer Verdauungsstörungen ausgeschlossen werden (Ausschlussdiagnostik). Im Anschluß kann der Versuch einer histaminarmen Ernährung erfolgen. Hier finden Sie ausführliche Informationen zur HIT. Grundsätzlich empfiehlt sich eine professionelle Ernährungsberatung.
Fazit
HIT ist ein wichtiger, jedoch oft übersehener Faktor bei Verdauungsbeschwerden. Statistisch betrachtet betrifft sie nur einen kleinen Anteil der Bevölkerung, kann aber für diese erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Weitere Forschung ist nötig, um ihre genauen Mechanismen und Wechselwirkungen besser zu verstehen.
Das Leaky-Gut-Syndrom (übersetzt „durchlässiger Darm“) ist keine eigenständige Erkrankung oder Diagnose. Stattdessen handelt es sich um eine Theorie, die vermutet, dass bestimmte entzündliche oder toxische Prozesse die Darmwand durchlässiger machen könnten. Dadurch könnten unverdaute Nahrungsbestandteile, Giftstoffe oder Mikroben in den Blutkreislauf gelangen und Beschwerden verursachen.
Mögliche Ursachen
Ein Leaky Gut könnte mit chronischen Erkrankungen zusammenhängen, wie:
• Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)
• Morbus Crohn und Colitis ulcerosa (entzündliche Darmerkrankungen)
• Reizdarmsyndrom (RDS)
• SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung)
Mögliche Symptome
Die Beschwerden sind unspezifisch und ähneln denen der oben genannten Erkrankungen:
• Verdauungsprobleme: Blähungen, Verstopfung oder Durchfall
• Müdigkeit und Konzentrationsprobleme
• Nahrungsmittelunverträglichkeiten
• Hautprobleme (z. B. Ekzeme)
• Gelenkbeschwerden
Hinweise aus der Praxis:
• Das Leaky-Gut-Syndrom ist kein klar definiertes Krankheitsbild, sondern ein Symptomkomplex.
• Diagnoseprobleme: Es gibt keinen verlässlichen Test, um Leaky Gut nachzuweisen. Der oft empfohlene Laborwert Zonulin ist medizinisch umstritten und liefert keine eindeutigen Ergebnisse.
• Behandlung: Da es keine bestätigte Diagnostik gibt, basiert die Therapie auf der Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung (z. B. Zöliakie oder Reizdarm).
1. Bei vorherrschendem Durchfall:
• Loperamid: Hilft, den Darm zu beruhigen und Durchfall zu reduzieren.
• Rifaximin: Ein Antibiotikum, das speziell gegen bakterielle Fehlbesiedlungen im Darm wirkt.
2. Bei vorherrschender Verstopfung:
• Ballaststoffpräparate: Zum Beispiel Flohsamenschalen, die den Stuhl geschmeidiger machen.
• Polyethylenglykol (PEG): Ein sanftes Abführmittel, das Wasser im Darm bindet und den Stuhl reguliert.
• Linaclotid: Fördert die Flüssigkeitsabgabe im Darm und lindert gleichzeitig Bauchschmerzen.
• Prucaloprid: Regt die Darmbewegung an, um die Verstopfung zu lösen.
3. Bei Bauchschmerzen und Blähungen:
• Spasmolytika (z. B. Butylscopolamin, Mebeverin): Reduzieren Darmkrämpfe.
• Pfefferminzöl: Wirkt krampflösend und beruhigt den Darm.
• Amitriptylin: Wirkt über das zentrale Nervensystem und kann Schmerzen verringern.
4. Bei zusätzlichen psychischen Belastungen wie Depression, Angst oder Unruhe:
• Pfefferminzöl: Neben der Wirkung auf den Darm kann es auch beruhigend wirken.
• Amitriptylin: Hilft nicht nur bei Schmerzen, sondern auch bei psychischen Beschwerden wie Angst oder Unruhe.
Die Behandlung sollte individuell auf die jeweiligen Beschwerden abgestimmt werden und erfolgt am besten in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt.
1. Protonenpumpenhemmer (PPI):
• Medikamente wie Omeprazol, Esomeprazol, Rabeprazol oder Pantoprazol sind besonders wirksam bei Sodbrennen und überschüssiger Magensäure.
• Empfehlung:
• Esomeprazol (20–40 mg täglich) und Rabeprazol (10–20 mg täglich) gelten als besonders effektiv.
• Bei chronischen Oberbauchbeschwerden sollte vor der PPI-Therapie ein Stuhltest auf Helicobacter pylori durchgeführt werden, da dieses Bakterium Magenprobleme verursachen kann.
2. Prokinetika:
• Domperidon oder Metoclopramid (MCP):
• Diese Medikamente fördern die Entleerung des Magens, um Beschwerden wie Völlegefühl oder Übelkeit zu lindern.
3. Antidepressiva:
• Amitriptylin:
• In niedriger Dosierung hilfreich bei Schmerzen und Beschwerden, die durch eine Überempfindlichkeit oder das zentrale Nervensystem verursacht werden.
4. Pflanzliche Mittel (Phytotherapeutika):
• Pfefferminzöl und Kümmelöl:
• Wirken gegen Blähungen und können leichte Bauchschmerzen lindern.
Die FODMAP-Diät ist eine Ernährungsweise, die entwickelt wurde, um Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen zu lindern. Sie wird besonders bei Menschen mit funktionellen Verdauungsstörungen wie dem Reizdarmsyndromempfohlen. Studien zeigen, dass sie bei 50–80 % der Betroffenen die Beschwerden deutlich reduzieren kann.
Was sind FODMAPs?
FODMAPs sind bestimmte schwer verdauliche Kohlenhydrate, die:
1. Im Dünndarm schlecht aufgenommen werden.
2. Im Dickdarm durch Bakterien fermentiert werden, wodurch Gase entstehen, die Blähungen und Schmerzen verursachen können.
3. Wasser in den Darm ziehen, was Durchfall oder Blähungen auslösen kann.
Beispiele für FODMAPs
1. Oligosaccharide (z. B. Fruktane, Galaktane):
• Enthalten in Zwiebeln, Knoblauch, Weizen.
2. Disaccharide (z. B. Laktose):
• Enthalten in Milchprodukten wie Milch, Sahne, Käse.
3. Monosaccharide (z. B. Fruktose):
• Enthalten in Honig, Äpfeln, Mangos.
4. Polyole (z. B. Sorbit, Mannit):
• Enthalten in Steinobst (z. B. Pflaumen, Kirschen), zuckerfreien Süßstoffen.
Zusammenhang mit Unverträglichkeiten
Die FODMAP-Diät berücksichtigt häufige Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie:
• Laktoseintoleranz (Unverträglichkeit von Milchzucker).
• Fruktosemalabsorption (Unverträglichkeit von Fruchtzucker).
Zusätzlich sollten blähende Lebensmittel wie Kohl und Zwiebeln gemieden werden.
Umsetzung
• FODMAP-Diät erfolgt schrittweise: Nahrungsmittel mit hohem FODMAP-Gehalt werden reduziert und später schrittweise wieder eingeführt, um individuelle Verträglichkeiten zu erkennen.
• Ernährungstagebuch führen: Dies hilft, die persönlichen Auslöser von Beschwerden zu identifizieren.
• Ernährungsberatung in Anspruch nehmen: Eine Expertin oder ein Experte kann bei der Umsetzung unterstützen.
Glutenfreie Ernährung vs. FODMAP-Diät:
• Eine glutenfreie Ernährung wird oft bei Verdauungsstörungen ausprobiert, auch ohne gesicherte Zöliakie. Bei Reizdarmpatienten profitieren 30–40 %, vor allem bei Durchfall.
• Der Erfolg der glutenfreien Ernährung liegt vermutlich daran, dass auch Weizen gemieden wird, der viele FODMAPs enthält.
• FODMAP-Diät: Meist effektiver, da sie nicht nur Weizen, sondern auch andere problematische Lebensmittel einbezieht. Daher ist es sinnvoll, die FODMAP-Diät zuerst auszuprobieren.
Fazit
Die FODMAP-Diät ist eine bewährte Methode, um Verdauungsbeschwerden zu lindern. Sie sollte idealerweise mit einer professionellen Beratung oder einem Ernährungstagebuch kombiniert werden, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen.
Ausführliche Informationen zur FODMAP-Diät finden Sie im Internet. Hier ist eine kompakte Übersicht.
Das Angebot an Probiotika ist mittlerweile riesig. Hier ist ein Überblick über die wichtigsten Arten und ihre Eigenschaften:
1. Lactobacillus (Milchsäurebakterien)
• Eigenschaften: Unterstützen die Darmgesundheit und können schädliche Keime hemmen.
• Beispiele:
• Lactobacillus acidophilus
• Lactobacillus rhamnosus
• Lactobacillus plantarum
2. Bifidobacterium
• Eigenschaften: Kommen natürlicherweise im Darm von Babys und Erwachsenen vor, fördern die Verdauung und stärken das Immunsystem.
• Beispiele:
• Bifidobacterium bifidum
• Bifidobacterium longum
• Bifidobacterium infantis
3. Saccharomyces (Hefepilze)
• Eigenschaften: Helfen, schädliche Hefen wie Candida zu verdrängen.
• Beispiele:
• Saccharomyces boulardii
4. Sporenbildner
• Eigenschaften: Extrem widerstandsfähige Bakterien, die auch Magensäure überleben.
• Beispiele:
• Bacillus subtilis
• Bacillus coagulans
• Bacillus clausii
5. Hitzeinaktivierte Probiotika (Parabiotika)
• Eigenschaften: Enthalten nicht mehr lebende Bakterien, die trotzdem das Immunsystem positiv beeinflussen können.
• Beispiele:
• Hitzeinaktivierte Stämme wie Bifidobacterium bifidum HI-MIMBb75.
6. Weitere Probiotika-Arten
• Fäkalbakterien wie E. coli und Enterococcus faecium:
• Kommen natürlich im Darm vor, unterliegen aber strengen Zulassungsbedingungen.
• Hinweis: Einige E. coli-Stämme können problematische Stoffe wie Colibactin bilden. Studien zeigen bislang jedoch keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs durch solche Probiotika.
Wirksamkeit und Beispiele aus Studien
1. Bifidobacterium bifidum HI-MIMBb75:
• Tägliche Dosierung: 1 Milliarde Keime.
• Studienergebnisse:
• 34 % der Reizdarmpatienten hatten weniger Beschwerden (einschließlich Placebo-Effekt).
• Der tatsächliche therapeutische Effekt (ohne Placebo) liegt bei 15 % – gering, aber signifikant.
2. Bacillus coagulans MY01 + Bacillus subtilis MY02:
• Tägliche Dosierung: 5 Milliarden Keime.
• Studienergebnisse: Zeigten eine signifikante Verbesserung bei funktioneller Dyspepsie (Magen-Darm-Beschwerden).
Hinweise aus der Praxis:
• Überlebensfähigkeit im Magen-Darm-Trakt: Lebende Probiotika können durch Magensäure absterben. Hersteller verwenden oft Kapseln mit verzögerter Freisetzung, die Schutz bieten sollen. Solche Kapseln sind allerdings meist Medikamenten vorbehalten.
• Sporenbildner und hitzeinaktivierte Probiotika sind natürlicherweise unempfindlich gegenüber Magensäure, stabil lagerbar und können bei SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung) eingesetzt werden.
• Sporenbildner oder hitzeinaktivierte Probiotika können mit traditionellen, verdauungsfördernden Pflanzenstoffen wie Ingwer und Kurkuma kombiniert werden, um die Verdauung zusätzlich zu unterstützen.
Sowohl beim Reizdarmsyndrom als auch bei der funktionellen Dyspepsie gibt es viele Gemeinsamkeiten in Symptomen und Ursachen. Auch das Leaky Gut Syndrom kann ähnliche Beschwerden verursachen. Studien zeigen, dass funktionelle Verdauungsprobleme oft auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eine Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO) zurückzuführen sind.
Empfohlener Behandlungsplan (nach ärztlicher Abklärung):
1. Test auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten
• Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit testen und bei einer Unverträglichkeit darauf verzichten.
• Hinweis auf SIBO: Wenn Beschwerden bereits 30–60 Minuten nach dem Essen auftreten und sowohl Laktose als auch Fruktose schlecht vertragen werden, könnte eine SIBO vorliegen.
2. FODMAP-Diät mit Probiotika (erste Phase)
• Diät: Beginnen Sie mit der FODMAP-Diät, um schwer verdauliche Kohlenhydrate zu reduzieren.
• Probiotika: Verwenden Sie sporenbildende oder hitzeinaktivierte Probiotika für mindestens 14 Tage.
• Zusatzempfehlung:
• Verwenden Sie ein verdauungsförderndes pflanzliches Mittel wie Ingwer.
• Bei hartnäckiger Verstopfung kann Prucaloprid (rezeptpflichtig) helfen, beginnend mit 1 mg täglich (ggf. Steigerung auf 2 mg täglich).
• Ernährungstagebuch: Notieren Sie Mahlzeiten und Beschwerden, um Zusammenhänge zu erkennen.
3. FODMAP-Diät mit lebenden Probiotika (zweite Phase)
• Probiotika: Wechseln Sie zu lebenden Probiotika mit einer Dosierung von mindestens 20 Milliarden KBE (koloniebildenden Einheiten) pro Tag.
• Dauer: Nehmen Sie die Probiotika über 4–8 Wochen ein.
4. Medikamentöse Therapie
• Früher Einsatz: Bei starken Beschwerden oder hohem Leidensdruck kann diese Phase auch früher beginnen.
• Antibiotikum Rifaximin:
• Bei SIBO zeigte Rifaximin in Studien eine Erfolgsquote von 71 %.
• Dosierung: Klinische Studien empfehlen bis zu 550 mg 3 x täglich über 14 Tage.
• Hinweis: Diese Dosierung ist in Deutschland nicht zugelassen (Off-Label-Use) und kostet über 200 EUR.
• Zulassung in Deutschland: Nur zur Behandlung von Reisedurchfällen (200 mg 3 x täglich über 4 Tage).
also mehr als drei ungeformte Stuhlgänge pro Tag auftreten, handelt es sich um eine besondere Situation. In diesen Fällen ist eine gründliche ärztliche Abklärung notwendig.
Wichtige Schritte:
1. Keine ungezielte Behandlung:
• Probiotika oder andere Mittel sollten ohne klare Diagnose nicht angewendet werden, da sie möglicherweise nicht geeignet sind.
2. Frühe Darmspiegelung:
• Eine Darmspiegelung (Koloskopie) mit Gewebeproben ist erforderlich, um die Ursache des Durchfalls zu klären.
• Dies ist besonders wichtig, um seltene Erkrankungen wie die mikroskopische Colitis (eine entzündliche Darmerkrankung) auszuschließen.
Fazit:
Bei anhaltendem Durchfall sollte nicht eigenmächtig behandelt werden. Stattdessen ist eine sorgfältige Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt notwendig, um die Ursache zu finden und gezielt zu behandeln.
Die Behandlung von Verdauungsbeschwerden ist oft komplex und stellt sowohl Betroffene als auch Ärztinnen, Ärzte und HeilpraktikerInnen vor Herausforderungen. Erfreulicherweise wird in der Schulmedizin inzwischen anerkannt, dass solche Beschwerden nicht nur als psychisch bedingt abgetan werden dürfen. Trotzdem gibt es viele Angebote und Produkte auf dem Markt, die unnötig teuer oder wirkungslos sind. Hier sind einige hilfreiche Grundsätze, um bessere Entscheidungen zu treffen:
1. Professionelle Begleitung
• Lassen Sie sich von einer Ärztin oder einem Arzt begleiten, um sicherzustellen, dass keine ernsthafte Erkrankung übersehen wird. Eine verspätete Diagnose kann schwerwiegende Folgen haben.
2. Kritische Bewertung der Diagnostik
• Teure Untersuchungen, die nicht von der Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung übernommen werden, sollten hinterfragt werden.
• Wichtige Frage: Welche therapeutischen Konsequenzen hätte das Testergebnis? Ohne klare Konsequenzen ist eine Untersuchung meist sinnlos.
3. Probiotika gezielt auswählen
• Probiotika können helfen, aber die Auswahl sollte gut überlegt sein.
• Keimzahl: Für lebende Probiotika wird eine Tagesdosis von mindestens 20 Milliarden Keimen empfohlen.
• Sporenbildende und hitzeinaktivierte Probiotika sind stabiler und benötigen oft geringere Mengen.
• Achtung vor Marketingfallen: Lassen Sie sich nicht zu langfristigen Käufen („Dreimonatsvorräte“) verleiten.
• Gemäß aktueller Leitlinie sollte spätestens nach 8 Wochen Eigenbehandlung durch Probiotika entschieden werden, ob weitere Untersuchungen notwendig sind.
• Durchfall muss immer sofort und vollständig abgeklärt werden.
4. Nutzen der FODMAP-Diät
• Die FODMAP-Diät hat sich als sehr wirksam bei Verdauungsbeschwerden bewährt.
• Nach einer Verbesserung können Sie nach und nach testen, welche Lebensmittel Sie vertragen, um eine ausgewogene Ernährung zu ermöglichen.
Fazit:
Die Behandlung von Verdauungsbeschwerden erfordert Geduld und gezieltes Vorgehen. Professionelle Unterstützung, kritische Entscheidungen und etablierte Maßnahmen wie die FODMAP-Diät und ein Ernährungstagebuch können helfen, Symptome zu lindern und unnötige Ausgaben zu vermeiden.
Über Rückmeldungen, Korrekturvorschläge oder Ergänzungen würden wir uns sehr freuen!
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